Post vom Landesfürsten
17. Oktober 2010 in Kinder
Wir bekommen einen Brief vom Landesfürsten, pardon, Ministerpräsidenten. Höchstpersönlich versteht sich. Warum bekommen wir sowas? Kann man sich ja fragen. Da schreibt der Herr Ministerpräsident, dass er uns zu unseren zwei neuen Hausbewohnern gratuliert – höchstpersönlich versteht sich. Bin ja mal gespannt, man sollte sich die Mühe machen dem Herrn zu antworten… Naja. Schade, dass die Zeit doch etwas knapp ist.
Ich mache es mal auf diesem Wege, quasi öffentlich, vielleicht erreicht ihn die Botschaft ja – eines Tages.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
offensichtlich haben Sie Gefallen an der südwestlichsten Ecke ihres Landes gefunden. Neulich der Besuch im Milka Werk und nun ihr Schreiben an uns in die Baumgartnerstraße. Herzlichen Dank für Ihre Mühen. Allerdings, so entsteht in mir der Eindruck, geht Ihr Schreiben etwas an der Sache vorbei. Ich habe ihren Schrieb zwar nicht gelesen, dazu fehlt mir momentan die Zeit, er ist auch erstaunlich länglich geworden. „Warum schreibt uns der Herr Ministerpräsident so einen Brief?“ so habe ich mich gefragt. Er interessiert sich ja sonst auch nicht für unsere Belange. Nur einmal zwei Beispiele:
Unsere Kinder werden irgendwann die Schule besuchen müssen, denn im Reich herrscht immer noch die Schulpflicht, ein Relikt aus dem vorvorigen Jahrhundert. Nur mit der freien Schulwahl, da hapert es noch. Ein Schelm, wer sich überhaupt etwas dabei denkt … Wenn wir als Eltern für unsere Kinder eine bessere Bildung haben wollen als dies das staatliche System vorsieht, so müssen wir ordentlich in die Tasche greifen. Chancengleichheit???
In der Landeshauptstadt sind Sie gerade dabei ein paar Milliarden Euro im Boden zu verbuddeln. – Haben Sie uns gefragt ob dies im Sinne unserer Kinder ist? Ich glaube kaum, dass Sie dies entscheiden können.
Nun verschleudern Sie das Porto der Landeskasse, um Papier in der Gegend herum zu schicken. Papier, was bedruckt ist mit einem Serienbrief, getextet von Wahlstrategen, Psychologen oder anderen Fachleuten. 89.700 Kinder wurden in Baden-Württemberg 2009 geboren. Wenn man die Kosten für ihre Aktion auf etwa 2 Euro pro Stück schätzt (Porto, Briefetexter, Versand, Verwaltung), so verschleudern Sie damit 180.000 Euro pro Jahr. Haben Sie uns gefragt?
Der Sinn ihrer Aktion: Fang nach Wählerstimmen. Auf Wählerkosten. Muss einer nichtmal studiert haben um das zu durchschauen. In Zeiten geringer Popularität ist jedes Mittel recht, auch die doch recht emotionale Phase einer Geburt.
Herr Ministerpräsident, gestatten Sie: lassen Sie diesen Unfug einfach. Führen Sie das Geld sinnvolleren Projekten zu, das hilft vielleicht sogar ihrer Popularität.
Für die restliche Zeit, die Sie noch auf dem Chefsessel in Stuttgart sitzen, wünsche ich Ihnen bessere Berater und Strategen sowie etwas mehr Einsicht in die wirklichen Verhältnisse dieses Landes und Verständnis für die Menschen die hier wohnen.
Einen herzlichen Gruß aus der Südwestecke.