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Wir bekommen eine Zuschrift

20. Oktober 2010 in Allgemein

Diese Woche erhielten wir folgende Zuschrift:

Hallo,

genau so etwas, wie ihr in Lörrach habt, wünsche ich mir. Allerdings ist dies sehr schwer zu finden! Könnt ihr mir vielleicht einen Tipp geben, wie ich Menschen finde, die auch Lust auf eine solche Art des Zusammenlebens haben? Gibt es z.B. Internetforen oder habt ihr gar Bekannte in meiner Gegend? Ich wäre euch für jeden Hinweis sehr dankbar.

Ganz liebe Grüße,

Marianne J.

Nun, große Freude natürlich meinerseits über das Interesse, aber auf eine solche Zuschrift ist sehr sehr schwer adäquat zu antworten. Ich kenne weder die Schreiberin noch kann ich halbwegs objektiv von dem berichten was wir hier tun und wie wir es tun. So viel weiß ich aber in jedem Falle: das Bild, was wir hier im Internet abgeben ist nur ein sehr sehr kleiner Teil vom Ganzen. Dennoch habe ich mich an einer Antwort versucht:

Tipps kann ich einige geben, allerdings dürften etliche davon in der Schublade „gut gemeint“ landen, denn eine Gemeinschaft ist ungefähr so individuell wie auch Individuen individuell sind. Also ich bin irgendwie zu der Überzeugung gekommen, dass sich da kaum etwas davon übertragen lässt.

Einen Hinweis kann ich aber durchaus geben: selbst anfangen ist zwar etwas mühsamer als in ein bestehendes Projekt einzuziehen, dafür hat man aber auch mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Sprich, man kann sich aussuchen wie die Immobilie beschaffen ist, wie groß das ganze sein soll und selbst auf die Suche nach den Mitbewohnern gehen.
Ich halte ein Mietobjekt für weniger geeignet als selbst eine Immobilie zu kaufen. Achja … und die Ansprüche an das ganze sollten nicht allzu hoch hängen. Wir haben es mit Menschen zu tun, da ist so gut wie gar nichts perfekt.

Zu klein sollte das ganze nicht sein. Also mindestens 6, besser noch mehr Menschen, da sich so einzelne Charaktere nicht so sehr auf das Gesamtgeschehen auswirken.

Wir in Lörrach haben hier das „Glück“, dass bezahlbarer Wohnraum eher knapp ist, wir also stets genügend Anfragen haben, sodass wir uns aussuchen können wer mit uns wohnt. Das kann eine gute oder auch eine naja … manchmal ist man auch froh wenn wieder jemand auszieht. Wir bilden also sowas wie eine Wahlverwandschaft.

Wenn ich nochmal anfangen würde, würde ich wohl noch größer einsteigen. Es gibt wunderschöne große Häuser, die nur darauf warten belebt zu werden. Das finanzielle Risiko ist dabei überschaubar, selbst wenn erstmal recht große Zahlen im Raume stehen.

Schau‘ Dir einfach mal ein paar Häuser an, verschiedene Größen. Mach eine Anzeige „Gemeinsam Wohnen mit Komfort und Niveau. Suche Menschen, die Interesse haben ein Haus gemeinsam zu bewohnen – Telefon“oder so ähnlich  – Rubrik: 2-Zimmer-Wohnung. Dort ist das Publikum eher zu finden als in der WG-Szene. Viele Menschen denken über eine Veränderung in ihrem Leben nach und lesen diese Wohnungsanzeigen. Sowas kostet nur ein paar Euro und Du bekommst ein Gefühl dafür ob Deine Idee „zündet“, also ob Du Gleichgesinnte findest oder nicht. Außerdem ist es eine spannende Beschäftigung.

Auch wenn bei uns viele Fragen nicht gelöst sind, so kann ich doch ohne Einschränkung empfehlen neue Wege zu gehen – wenn denn das Bedürfnis dazu da ist und die Bereitschaft – oder Notwendigkeit – etwas im eigenen Leben zu ändern.

Wie gesagt, die Ausprägung solcher Gemeinschaften ist so so verschieden voneinander, dass es eigentlich gar nicht genug davon geben kann.

2 Antworten zu Wir bekommen eine Zuschrift


  1. Bisher habe ich ungefähr 5-6 Zuschriften bekommen. Aber noch niemanden getroffen. Problematisch ist, dass es nur recht wenige zentrale Immobilien in Bonn gibt. Und wenn, dann sind sie natürlich sehr teuer. Kaufen kann ich nicht, doch auch beim Mieten „stehen große Zahlen im Raum“, wie du das so schön gesagt hast. Daher traue ich mich wahrscheinlich nur an etwas heran, das sich für 4-5 Personen eignet. Oder ich muss eben doch auf den Faktor „zentral“ verzichten. Mal schauen. Oder es meldet sich noch jemand, der ein bisschen mehr auf der hohen Kante liegen hat.
    Marianne J.

  2. Liebe Marianne,
    ich verstehe Deine Bedenken und Gedanken durchaus, will sie aber mal um ein paar Ideen ergänzen.
    Ich war gerade mal in Bonn. Virtuell. Im Immobilienmarkt. Ganz schön spannend. Und ganz schön teuer. Dabei bin ich auf eine Jugendstilvilla gestoßen, 10 Zimmer, 340 qm Wohnfläche. Den Mietpreis schreibe ich jetzt nicht hier hin, denn auch mir ist davon etwas schwindlig geworden. Einerseits. Andererseits … wie Du ja auch geschrieben hast, scheint die Zeit reif zu sein für neue, andere Wohnformen und wenn ich es aus der Entfernung richtig einschätze, ist das Wohnen in Bonn allgemein nicht ganz billig. Da stehen 10 Euro Kaltmiete im Raum, das ist kein Pappenstil. Aber: die stehen ja auch für eine 1- oder 2-Zimmer-Wohnung an. Angenommen, es wohnen 8 Menschen auf 340 qm, so kommt man auf einen Schnitt von 42,5 qm pro BewohnerIn. Selbst einem Hartz IV Single werden 50 qm Wohnraum zugebilligt. Bei besagtem Objekt käme man dann pro Bewohner auf eine Kaltmiete von 687,50 – bei entsprechendem Komfort und Raumangebot. Damit spricht man dann sicher nicht Menschen an, die vor allem billig wohnen wollen. Muss man aber auch nicht. Das Zielpublikum sollte tatsächlich so etwas wie eine innere Überzeugung mitbringen. Die Not, nicht alleine wohnen zu wollen oder zu können, reicht nicht.

    Allerdings muss ich selbst zugeben, dass unter den Besserverdienenden die Qualifikation für gemeinsames wohnen eher abnimmt. Aber, so meine Überlegung, Du schaffst ein Angebot, welches zunächst einmal einmalig ist: Komfort, nicht alleine aber doch noch bezahlbar.

    Wir haben hier im Haus ein Zimmer, das ist mit 35 qm etwas größer und damit auch etwas teurer. Zunächst hatten wir Bedenken, ob sich dieses Zimmer denn gut vermieten ließe. Die Erfahrung zeigt, dass es genau für dieses Zimmer stets etliche Interessenten gibt.

    Natürlich musst Du, wenn Du Hauptmieterin bist, etwas Risikospielraum einkalkulieren. Anlaufinvestition (ca. 1 Monatsmiete, evtl. Provision, Verwaltung, Unternehmerrisiko). Da würde ich mal auf den Vermieter zugehen – vielleicht ist da ja noch Spielraum, vielleicht will er ja so ein Experiment fördern. Aber: gehe auf jeden Fall hin, schau Dir das Haus an, sprich mit den Menschen. Das kostet nichts und bringt Dir jede Menge Erfahrung.

    5-6 Zuschriften zeigt ja auch, dass bei Euch Interesse ist für so eine Wohnform. Auch wenn jetzt alle diese Menschen abspringen würden oder nicht geeignet sein würden, so weißt Du zumindest, dass Bedarf besteht. Wenn Du dann etwas Konkretes im Auge hast, kannst Du immer noch für das konkrete Objekt werben. So hat es hier eigentlich ganz gut funktioniert.

    Ein paar Spielregeln empfehle ich von Anfang an. Und wenn es nur für Deine eigene Klarheit ist.
    – gibt es einen Putzplan oder nicht?
    – gibt es eine Haushaltskasse (alle benutzen einen Kühlschrank), gemeinsame Lebensmittel?
    – wie finden Entscheidungsprozesse statt (einmütig, mehrheitlich)?

    Ja, wegen gw Portal und Website. Ich mache es hier noch einfach so für mich. Das ist recht spannend dann später wieder nachzulesen wie was wann war und so. Ich scheue den Aufwand eines offenen Portals, denn Diskussionen wie „wer trägt den Müll hinunter“ und ähnliches interessieren mich nicht.

    Die Bezeichnung „gemeinsam wohnen“ wird zumeist verwendet für Wohnprojekte älterer Menschen, wobei da gar nicht sooo viel gemeinsam ist – bis auf die Adresse und die Geburtsjahrgänge.

    So viel mal aus Lörrach. Weiterhin drücke ich Dir die Daumen.
    Alles Gute nach Bonn,
    Wolfgang

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